"Tops", "Clones" und Inzucht

Sie fragen sich jetzt, was das ist? - nun, diese Werte sind ein gutes Hilfsmittel zur Zucht.
Allerdings kann man sich dabei nicht nur darauf beschränken;). Was also versteht man unter "Tops" und "Clones"?

Aus den drei bekanntesten Anfangslinien der Maine Coon Zucht gingen die als „Top 5“ bezeichneten Tiere hervor,
die in keinem Stammbaum einer „klassischen“ Maine Coon fehlen. Schätzungen zufolge sind diese „Top 5“ zu
folgenden Prozentzahlen im Stammbaum einer ohne „New Foundations“ gezogenen Maine Coon vertreten:

  • 70 % Top 5 Katzen
  • 55 % Top 3 Katzen
  • 40 % Top 2 Katzen

Diese Top 5-Tiere sind:

Bridget Katt of Heidi Ho  
geboren 1969,
Andy Katt of Heidi Ho
   
geboren 1969
Dauphin de France of Tati-Tan  
geboren 1967
Tatiana of Tati-Tan  
geboren 1965
Smokie Joe of Whittemore  


. Die Nachkommen des 1978 geborenen „Heidi Ho Sonkey Bill“ (der als vielfacher Nachkomme von Andy und Bridget einen Inzuchtkoeffizienten von 37% hatte) mit „Tanstaafl Polly Adeline“ werden als „Clones“ bezeichnet, da sie sich offensichtlich irgendwie extrem ähnlich sahen: im April 1982 waren viele der frühen Maine Coon Züchter zusammen auf einer Show in New York. Während einer kleinen Feier telephonierte man mit Conny Condit um ihr über das Abschneiden  der von ihr gezüchteten Tiere zu berichten als jemand dazwischen rief: "Tell Connie we know she is just cloning these cats and painting them different colors! - sag Conny, wir wissen das sie diese Katzen nur geklont und verschiedenfarbig angemalt hat“.  Aufgrund der hervorragenden Ausstellungsqualität dieser Katzen wurden sie auch immer wieder in der Zucht eingesetzt und trugen erheblich zum Genpool der modernen Maine Coon bei. Im Großen und Ganzen sind die Clones zu 35 % im Stammbaum einer ohne „New Foundations“  gezogenen Maine Coon vertreten. 

Dies sind die Katzen, die man als die „Clones“ bezeichnet:

Heidi Ho Richard III of Charmalot,
Heidi Ho Aurora of MtKittery,
Heidi Ho Molly B. of Tanstaafl
Heidi Ho Canth of Tanstaafl
Heidi Ho Percival of Meunerie
Heidi Ho Just Plain Bill Katt
Heidi Ho Justin Morgan Katt
Heidi Ho Coon Victoria,
Heidi Ho Annabel Lee of Tycoon,  
Heidi Ho Camille of Calicoon;
Heidi Ho Lovey Mero of Meunerie;
Heidi Ho Lady Arwen of Mary B,  
Heidi Ho Sasquatch of Ktaadn;
Heidi Ho Portius of Olde Farm;
Heidi Ho Barnaby Katt

Aus diesen engen Anfängen der Zucht hat sich - auch dank vieler inzwischen halbvergessener
„kleiner Linien“ die neben den „grossen Zwingern“einflossen die Rasse entwickelt, die wir züchten.

Ein paar Worte noch zum Sinn und Nutzen der sogenannten Inzucht und Linienzucht.

Das ist zwar ein schwieriges Thema, aber in Bezug auf eine langfristige Planung sollte man sich meiner
Meinung nach auch damit auseinandersetzen. Da dies allerdings ein sehr mit Emotionen beladenes Thema
ist hier nur „meine“ Gedanken dazu. So etwas wie eine Diskussionsgrundlage.


Die Maine Coon ist bislang genetisch gesehen nicht unbedingt eine „richtige Rasse“ sondern eher eine „Familie“.
Zu einer Rasse würde gehören, dass es klar definierte unverrückbare Merkmale gäbe die ALLE Angehörigen  der „Breed Group“
tragen- so wie alle Perser Stupsnasen, kurze Schwänze und langes Fell und alle Siamkatzen das sogenannte „roman profile“,
Point-Zeichnung und „diese Ohren“ haben. Wir brauchen nicht drüber reden, dass im Moment die Züchter dieser beiden Rassen in ihrer
Zuchtarbeit eventuell  - und meiner Meinung nach ganz sicher - auf dem falschen Weg sind und dass diese Rassen auch etwas
„hybrid vigor“ brauchen könnten. In der Maine-Coon-Zucht sollte man versuchen die Fehler dieser Züchter, sprich die Vorliebe
immer extremere Tiere zu erzeugen, zu vermeiden, aber positive Ergebnisse für die Rasse an sich zu erzielen.
Hier sollte ich Ihnen vielleicht zuerst erklären, was die ganzen Fachbegriffe heissen, mit denen ich Sie jetzt füttere:Der COI, der Inzuchtkoeffizient  (COI = Coeffzient of Inbreeding) gibt die Wahrscheinlichkeit an, dass an einem Genort beide
Allele vom selben Vorfahren stammen. Im Gegensatz zum Ahnenverlustkoeffizienten misst er immer die wahre Inzucht eines
Individuums. In der Tierzucht existieren Daten, die einen Zusammenhang zwischen dem Inzuchtkoeffizienten und einem
Verlust der Vitalität und der allgemeinen Gesundheit bei Tieren die ein Ergebnis von Inzucht sind, belegen. Das nennt man
dann Inzuchtdepression. In solchen Fällen wird daher darauf geachtet, in der Zucht den Inzuchtkoeffizienten möglichst niedrig
zu halten. Andererseits kann Inzucht auf einen „perfekten“ Vorfahren auch zu einer Erhöhung der Qualität in seinen Nachkommen
führen, welche den negativen Einfluss der Inzuchtdepression überwiegt. In solchen Fällen muss die ideale Balance zwischen
der Qualitätssteigerung durch Inzucht und einer Inzuchtdepression gefunden werden. Hybrid Vigor, auch Heterosis genannt,
andererseits führt zu erhöhter Vitalität und allgemeiner Gesundheit, höherer Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten und
anderen überlegenen Qualitäten bei den Tieren die aus der Kreuzung unverwandter Linien hervorgehen. Dies geht jedoch bei
uns zumeist zu Lasten dessen, worauf die Rasse Maine Coon gezüchtet wird: das Aussehen.
Klar ist, jede Inzucht, jede Linienzucht hat auch einen Einfluss auf das Immunsystem und macht es gleichzeitig einerseits stabiler und andererseits anfälliger. Inzucht ist ein Werkzeug, um zum Beispiel neue unbekannte (oder
auch alte bei denen man zu wenige Informationen hat) Blutlinien auf Fehler abzuklopfen - rezessive, unerwünschte Gene,
genetische Defekte. Man benutzt Linienzucht jedoch auch um bestimmte Merkmale, die man als wünschenswert betrachtet,
in einer Rasse zu festigen. Und das wird in der Maine Coon  - oft mangels Wissen - weder angestrebt noch als wünschenswert
betrachtet. Es wird natürlich praktiziert- jedoch leider oft nur von den Züchtern bestimmter, negativ konnotierter Linien,
die dies jedoch nicht immer unter der Beachtung aller Regeln bezüglich Gesundheit, Wesen und Optik, sondern nur aus rein
optischen Gründen und unter Vernachlässigung der anderen Aspekte betreiben. Oft sind das dann auch jene Züchter, die dazu
beigetragen haben, dass sich das Rassebild so drastisch verändert hat und noch weiter verändert, eben jene, die die
Ausstellungen mit ihren Tieren beherrschen und so als Vorbild für die Neuzüchter dienen. Zugegebenermassen sind diese
auf dem Weg zu einem einheitlicheren Look der Rasse schon weiter wie die meisten anderen. Aber sie sind „zu weit“; zu „extrem“.
Und das ist eine Gefahr für die Rasse. Man kann es gar nicht oft genug wiederholen.
Wie gesagt, der Sinn von Inzucht und enger Linienzucht ist auch, Merkmale reinerbig zu bekommen.
Man kann zwei (optische) Spitzentiere verpaaren und die Kitten "streuen" dann (optisch) in jede Richtung.
Man kann aber auch zwei "reinerbige" Spitzentiere verpaaren und die "Streuung" ist dann entsprechend klein.
Bloss muss man eben auf „reinerbige“ Tiere kommen und im Gegensatz zu Züchtern anderer Rassen ist es bei der Maine Coon
nicht üblich „darauf“ zu züchten. Üblich ist bei der Maine Coon einfach Tiere mit den guten Merkmalen zu verpaaren und
im Gegenteil darauf zu schauen, dass der Inzuchtwert möglichst klein ist. Man setzt einfach zwei Tiere mit möglichst
gewünschten „features“ aufeinander und versucht aus der Bandbreite der daraus entstehenden Kitten dasjenige zu wählen das
der eigenen Vorstellung am nächsten kommt. Streng genommen ist das nicht mal als Zucht, sondern nur als Vermehrung zu definieren.
Selektiert wurde auf diese Art und Weise zwar zu allen Zeiten, aber leider nicht nach einheitlichen Kriterien.
Dass dem so ist beruht offenbar auf dem "Naturimage" der Maine Coon und vor allem auf den Annahme, dass mit dem hohen Anteil
an TOP 5-Tieren im Genpool der Rasse dieser zu klein sein könnte um so stringent arbeiten zu können. Die breitgefächerte Meinung
vieler Maine Coon Züchter und Liebhaber  ist ja, dass so ziemlich jede Maine Coon heute „total ingezüchtet“ ist.
Stimmt das so? Nein. Nicht jedes Tier und nicht die Rasse insgesamt ist inzüchtig.
Ausserdem gibt es viele „echte“ Rassen, die mit wesentlich engerem Genpool als die Maine Coon  seit Jahrhunderten leben und überleben: Geparden, tasmanische Teufel, Komodo-Warane, Araberpferde  - also auch quer durch die verschiedenen Taxa. Und das beste Tier das ich jemals in einer der Siam-Rassen gesehen habe, ein blaugetickter Orientale, gesund, gross,
schön, typvoll, wenn auch standardgerecht so doch nicht extrem,   ist das Produkt einer Vollgeschwisterverpaarung.
Dass er nur mit relativ unverwandten Katzen verpaart wird ist klar.
Aber die Frage war ja: ist die Maine Coon ingezüchtet?Wir haben zwar bei der Maine Coon einen relativ engen Genpool - und deswegen war es zum Beispiel auch falsch in der ersten HCM-Panik zum massiven „Zucht-culling“ der möglicherweise betroffenen Tiere aufzurufen. Als die ersten Ergebnisse des HCM-Gentests auswertbar waren fanden sich ca. 1/3 der Zuchttiere der Rasse als betroffen.
Wenn wir hier so reagiert hätten wie es die Genetiker empfahlen hätten wir wirklich einen Einschnitt im Genpool der Rasse
gehabt, der nicht oder nur schwer verkraftbar gewesen wäre – und das hätte zu ernsthaften Problemen führen können.
Allerdings erlaubt uns eben dieser „enge“ Genpool trotzdem die grosse Bandbreite an optischer und charakterlicher Varianz, die die Maine Coon im Moment ausmacht. Und man kann, richtig verpaart auch aus sehr eng „linienverpaarten“ Tieren immer noch sehr schnell Tiere züchten,
auf die das Wort „inzüchtig“ nicht zutrifft. Ich erkläre das einmal an einem für mich aktuellem Beispiel.
Mein „alter“ Kater bekam vor einiger Zeit einen Suprelorin-Chip  eingepflanzt. Dieser Chip, der für Hunde entwickelt
wurde  - der aber auch bei Katern hervorragend funktioniert - bewirkt eine hormonelle Kastration der behandelten Tiere.
Das kann sehr sinnvoll sein,  denn ein alter, gesunder, regelmässig untersuchter, typvoller Kater mit gutem Charakter ist
meiner Meinung nach für die Zucht wesentlich wertvoller als die Nachkommen in x-ter Generation. Kastriert ist halt
schnell - und das ist unwiderruflich. Mit dem Hormonchip, auch wenn wir leider immer noch die Testanwender bei Katzen
sind, hat man aber die Möglichkeit, gezielt „sinnvolle“ Kater für die Zucht zu erhalten. Die Wirkungsdauer dieses
Chips schwankt bei den Katern zwischen zwölf und achtzehn Monaten. Leider weiss man erst dann, dass die Wirkung
aufgehört hat, wenn der Kater wieder erfolgreich gedeckt hat. Nun, mein Kater deckte – ungeplant - seine Enkeltochter,
was den Kitten einen sehr hohen COI, einen Inzuchtkoeffizienten von 29% bescherte. Dass dieser so hoch ist liegt
allerdings auch daran, dass die Elterntiere dieser Jungkätzin – dank Linienzucht - ebenfalls nahe verwandt sind.
Mit einem anderen, unverwandten Kater verpaart ergibt es aber in der nächsten Generation nur noch einen COI von 9,8%,
also weit innerhalb der normalen Spannweite. Die übrigens liegt bei der Maine Coon zwischen 10 und 14%.
So oder gar ZU eng kann der Genpool der Maine Coon also bislang nicht sein.Weil aber viele Züchter glauben, dass er das wäre verwässern sie die „Rasse“  mit der Einkreuzung vom „Foundations“
die das Rasseprofil meiner Ansicht nach schwächen und täuschen damit etwas vor, was hier weder richtig, noch sinnvoll,
noch notwendig ist: eine genetische Auffrischung. Den oben genannten „hybrid vigor“ durch teilweise Blutauffrischung
braucht eine immer noch vitale Rasse wie die Maine Coon am allerwenigsten – wichtiger wie gesagt wäre eher stringente
Zuchtarbeit auf ein einheitliches Rasseprofil hin – auch mit den Mitteln die in der Maine Coon Zucht vielfach unbekannt
sind oder aus falsch verstandener Tradition nicht angewandt werden: enge Linienarbeit, sorgfältige Zuchtauswahl und
durchgehende langfristige Planung auf ein Ziel hin.
Es wäre vollkommen ausreichend und hätte den selben Effekt, wenn man nach einigen Generationen enger
Linienzuchtarbeit auf ein innerhalb mehrerer Generationen weitgehend unverwandtes Tier als Vererber zurückgreift.
Auch bei zwei weitgehend in sich ingezüchtete Linien würden durch diese Verfahren eben jener Effekt erzielt werden
wie durch das Einkreuzen eines rassefremden Tieres mit allen seinen unbekannten Problemen. Mein obiges Beispiel beweist dies.
Die logische Folgerung dieser Überlegung wäre, auch in der Maine-Coon-Rassekatzenzucht enger und mehr mit
Linienzucht und Inzucht zu arbeiten und das Einbinden von Inzest-Verpaarungen in die Zucht als sinnvoll,
wenngleich nicht als Regel zu sehen - ohne kulturell bedingte humane Abscheu davor.
 


Mehr über Tops, Clones und Inzucht
und was es damit auf sich hat erfahren Sie auf der:




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Canaletto's Maine Coon Cats 2009

 

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